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Die Perspektiven Künstlicher Intelligenz im Corporate Learning

| Wissen & Business Intelligence | Educational Technology Lab | Berlin

Ein Experteninterview von Leila Haidar mit Dr. Sylke Piéch, DFKI

Illustration© Alexander Limbach / Adobe Stock

In zahlreichen Arbeitsprozessen wie dem Kundenservice, im Qualitätsmanagement und der Personalabteilung finden KI-Technologien im Unternehmen heute schon Anwendung. „Im Corporate Learning ist der Einsatz von KI-Tools noch verhalten“, beobachtet Dr. Sylke Piéch vom DFKI Berlin. Dabei seien bereits interessante Anwendungen, wie intelligente Lernbegleiter oder -coaches auf dem Markt, die hier durchaus sinnvoll eingesetzt werden können. Auch Lernplattformen sind zunehmend mit cleveren Algorithmen ausgestattet, die bei der Organisation des Lernens behilflich sind, etwa beim Suchen oder Wiederholen von Inhalten. „Die Forschung auf diesem Gebiet ist weit vorangeschritten und der Bedarf ist groß“, analysiert Piéch. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die passenden Produktentwicklungen verstärkt auf dem Gebiet des Corporate Learnings etablieren werden.

In China werden die Methoden der Künstliche Intelligenz gerne als Unterstützung eingesetzt, wenn Lehrveranstaltungen oder Lernangebote analysiert werden sollen. Dabei kann die KI anhand der Mimik der Teilnehmer herausfinden, wie der Lehrstoff und dessen Darbietung beim Publikum ankam. Aufgrund der Forschung am Educational Technology Lab des DFKI und des Instituts für Informatik an der Humboldt-Universität zu Berlin, unter der Leitung von Prof. Niels Pinkwart, kann eingeschätzt werden, dass solche Face Reading Anwendungen interessante Chancen aufzeigen, denn sie können zu einer besseren Personalisierbarkeit von Lerninhalten auf Interessensbasis (Emotionserkennung durch Mimik und Gestik) führen. Andererseits ist aber auch die potenzielle Gefahr, die durch zu viele Datenerhebungen entsteht, zu berücksichtigen. Die Einhaltung der Persönlichkeitsrechte sollte immer gewahrt bleiben. Gleiches gilt für den Gebrauch von Stimmanalyse-Software zum Beispiel in Recruiting-Prozessen.

Analyse und Reflexion sind gute Stichworte für den Einsatz von KI im beruflichen Lernen. „Die Algorithmen können dabei helfen, eigene Stärken, Schwächen und Wissenslücken zu erkennen. Sie unterbreiten dann gezielt Lernvorschläge, um Mitarbeitende individuell zu fördern“, sagt die Expertin. In den kommenden Jahren sieht sie ein großes Entwicklungspotenzial in der Kombination aus KI und Virtual Reality. So zahlt diese Kombination auf den Trend des arbeitsplatzintegrierten Lernens ein, der seit Jahren anhält. In Form von persönlichen Assistenten können sowohl Entwicklungsingenieure als auch Fließbandarbeiter, Pflegekräfte oder Architekten ganz individuell in ihrer täglichen Arbeit unterstützt werden. „Den größten Nutzen entfalten Lernumgebungen mit großem Bezug zum täglichen Tun. Dadurch prägen sich die Lerninhalte viel besser ein “, so Piéch. 

Trotz aller Begeisterung für die Künstliche Intelligenz im Arbeitsalltag, sieht die DFKI-Forscherin auch kritische Punkte beim Einsatz der selbstlernenden Algorithmen. „Wenn es darum geht, den Menschen „durchzuscannen“, hört der sinnvolle Einsatz auf. Genauso wie Dr. Lutz Goertz vom mmb Institut sieht Dr. Piéch die Dringlichkeit, dass der Einsatz von KI ein transparenter Prozess sein muss, wo der Anwender immer darüber informiert sein sollte, welche Daten über ihn gesammelt werden und was damit anschließend geschieht. „Als Vorüberlegung sollten sich Unternehmen stets die Frage stellen, welche Anwendungen sie ethisch vertreten wollen. Und zwar bevor sie ein KI-System implementieren“, resümiert Piéch. Zugleich lädt sie dazu ein, aufgeschlossen für die neuen Möglichkeiten zu sein, die die Künstliche Intelligenz im Corporate Learning zunehmend bieten wird. Durch die Integration von KI-Technologien kann auf ganz besondere Weise eine Faszination für das Lernen und die Verwirklichung neuer Lernerfolge erreicht werden. 

Auszüge des Interviews sind erschienen in managerSeminare 2020, 5. Auflage.

Autorin: Journalistin Leila Haidar