Mit RuleML

auf dem Weg zum semantischen Web

 
 
 

Wer des öfteren mehrfach den gleichen Brief von ein und demselben Absender nur mit leichten Variationen in der Adressschreibweise bekommt, wird sich schon gefragt haben, ob Computer eigentlich noch nicht in der Lage sind, solche Duplikate zu erkennen. Der Grund für die Brief-Dubletten: die Adressdaten sind meistens lediglich als Text-Zeilen abgespeichert, deren Struktur - z.B. Name, Straße/Platz, Stadt - von der Maschine nicht registriert wird. Wären diese Daten in der Internet-Sprache XML (eXtensible Markup Language, erweiterbare Auszeichnungssprache) abgelegt, könnten Adressen strukturell verglichen und die meisten Dubletten automatisch erkannt und aussortiert werden.

Durch den verstärkten Einsatz von XML wird künftig die maschinelle Integration und Auswertung von Datenbanken, Dokumentarchiven und Web-Seiten nicht nur erleichtert und qualitativ verbessert; der Einsatz dieses internationalen Sprachstandards kann gleichzeitig auch zur erheblichen Kostenreduzierung beitragen. Die vom World-Wide-Web-Consortium (W3C) in den USA entwickelte „Meta-Sprache“ erlaubt die Definition von neuen Spezialsprachen („XML-Applikationen“) zur Strukturierung aller erdenklichen Anwendungsbereiche. Im Bereich der Chemie in Wissenschaft und Wirtschaft wurde CML (Chemical Markup Language) - wohl die erste XML-Anwendung überhaupt - standardisiert und verbreitet sich seither weltweit. Für das E-Business wird ebXML entwickelt, das einen globalen elektronischen Marktplatz ermöglichen soll, auf dem sich Unternehmen aller Größenordnungen und aller geographischen Orte treffen und untereinander Handel betreiben können.

Firmen können aus XML-codierten Web-Seiten ein zentrales Wissensarchiv („Unternehmensgedächtnis“) aufbauen und pflegen und sich die verschiedenen Darstellungsformen z.B. für HTML-Browser oder für WML- Handys (Wireless Markup Language) automatisch generieren lassen. Während in HTML, welches lediglich das Layout von Web-Dokumenten definiert, alle Varianten der Seiten immer neu angepasst werden müssen, genügt bei XML eine einzige Änderung im zentralen Wissensarchiv, aus dem sodann mühelos alle anderen Darstellungsformen automatisch mit Transformationssprachen wie XSLT neu generiert werden können. Darüber hinaus können Suchmaschinen oder Netzwerkagenten direkt auf der XML-Struktur arbeiten, die um ein Vielfaches leichter ausgewertet werden kann als HTML-Layouts oder WML.




 

Einen entscheidenden Schritt über XML hinaus geht die im Februar vom W3C gestartete Aktivität zur Schaffung eines semantischen Webs. Die dritte Ebene nach Layout (HTML) und Struktur (XML) ist nämlich der Inhalt von Web-Dokumenten. Zu dessen Erfassung werden derzeit auf der Basis von XML weitere Sprachen (RDF, DAML+OIL) entwickelt, mit denen Aspekte der Bedeutung von Daten beschrieben werden können. In diesen Sprachen werden hierarchisch-klassifizierende Begriffssysteme oder Ontologien aufgebaut, die von Web-Akteuren (menschlichen wie maschinellen) als begriffliche Rahmensysteme geteilt werden.
Mit dem sich aus diesem Ansatz ergebenden Regelsystem wird es künftig leichter sein, automatische Preisvergleiche im Internet anzustellen, welche neben den Preisen auch komplexe Rabattbedingungen oder andere Verkaufsklauseln berücksichtigen und damit zur Markttransparenz beitragen. Beispiel: „Wenn der Kunde eine Goldkarte hat und für mehr als x Euro einkauft, dann bekommt er y % Rabatt“.

Am DFKI, das Mitglied im W3C ist, wird intensiv an solchen Techniken für das Semantische Web gearbeitet, um sie in Kundenprojekten umzusetzen. Prof. Wahlster: „Das Semantische Web wird zur Basis für die dritte Generation von globalen Internet-Anwendungen, die endlich eine präzise inhaltliche Suche erlauben und Webinhalte maschinell verarbeitbar machen. Wer diesen Megatrend verpasst und auf der XML-Stufe stehen bleibt, wird kein Wachstum im Internet-Umfeld realisieren können.“

Dr. Harold Boley rief die internationale Rule Markup Initiative ins Leben, welche die Sprache RuleML (Rule Markup Language) definiert hat und sich weiterhin für die vereinheitlichte Speicherung, Suche, Integration und Aktivierung von Regelwissen im Web einsetzt. Teilnehmer sind Universitäten wie Stanford und MIT sowie Firmen wie Sun und IBM. RuleML (http://www.dfki.de/ruleml) versucht alle Regelarten als Teilsprachen modular zu erfassen, die in der Praxis - etwa von wissensbasierten Systemen, Intelligenten Agenten oder E-Commerce - vorkommen. Die am 11. Juli fertig gestellte neue Version kann gleichberechtigt auf der Basis von XML und RDF eingesetzt werden. Eine Kooperation mit den Entwicklern von RDF und dem US-Europäischen DAML+OIL ist angelaufen, um gemeinsam die gesamte Breite des Semantischen Web abzudecken.


Kontakt
Dr. Harold Boley
Email: Harold.Boley@dfki.de
Tel. 0631 205-3459
Fax. 0631 205-3210