FairPay

Sicherheit im elektronischen Zahlungsverkehr

 
 
 

Die wirtschaftlichen Chancen für den E-Commerce sind enorm, da sich nahezu grenzenlose Märkte erschließen, keine beschränkten Geschäftszeiten mehr existieren und die Möglichkeiten der modernen Informationstechnologien für flexible, kundengerechte Angebote ständig weiter ausgebaut werden. Der elektronische Geschäftsverkehr beginnt sich in allen Lebensbereichen durchzusetzen, wobei jedoch die Geschwindigkeit dieses Prozesses von der Akzeptanz durch die Akteure abhängt. Ein entscheidendes Akzeptanzkriterium ist dabei das Vertrauen in die Verlässlichkeit kommerzieller, insbesondere finanzieller Transaktionen.

Über lange Zeiträume gewachsene Strukturen zur zuverlässigen Abwicklung des Zahlungsverkehrs sind in immer komplexer werdenden und faktisch unkontrollierbaren Netzen völlig neuartigen Bedrohungen ausgesetzt. Die Verfügbarkeit und Verlässlichkeit etablierter Systeme und Mechanismen sind in dieser weltumspannenden Infrastruktur besonders gefährdet. Es bedarf daher erheblicher Anstrengungen, um den elektronischen Geschäftsverkehr im Allgemeinen und den elektronischen Zahlungsverkehr im Besonderen abzusichern.

Angesichts der tragenden Rolle der Verlässlichkeit im elektronischen Zahlungsverkehr hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) im Frühjahr 2000 das Verbundvorhaben FairPay gestartet. Unter der Federführung des DFKI wird eine umfassende Methodologie zum Entwurf verlässlicher Zahlungsverkehrslösungen entwickelt.

Die Arbeiten im Forschungs- und Entwicklungsprojekt FairPay zielen auf einen ganzheitlichen Security Engineering Process, der Funktionalität und Sicherheit gleichberechtigt integriert. Zur Verwirklichung dieses umfassenden Anspruchs decken die Kompetenzen der beteiligten Partner das ganze Spektrum von wissenschaftlicher Forschung über die Entwicklung von praxistauglichen Methoden und Werkzeugen bis hin zu konkreten Anwendungen ab.

Auf der Basis der FairPay-Methodologie und der verfügbaren Werkzeuge wandelt sich die Entwicklung zuverlässiger Lösungen des E-Commerce zunehmend von einer durch individuelle Fähigkeiten bestimmten Tätigkeit zur routinemäßigen Ingenieurleistung; so wie man heute im Allgemeinen der Stabilität von Brückenkonstruktionen trauen kann, wird man künftig auch auf die Stabilität von Sicherheitsfunktionen bauen dürfen.

Zentrale Aufgabe von FairPay ist die Etablierung einer Methodologie zur effektiven Entwicklung qualitativ hochwertiger Schutzkonzepte. Die entstehende Methodologie erweitert bekannte Vorgehensmodelle - wie etwa den Rational Unified Process (RUP) - um die Berücksichtigung von Bedrohungen durch bösartige Angreifer. Das FairPay-Vorgehensmodell bietet einen einheitlichen Rahmen für die Gewährleistung von Sicherheit in allen Phasen des Lebenszyklus von IT-Lösungen, also von der Planung über die Entwicklung bis zu Pflege und Betrieb.



 

Der Anspruch von FairPay ist, das komplexe Spektrum von Schutzbedürfnissen aller am elektronischen Zahlungsverkehr beteiligten Akteure einschließlich der vielschichtigen multilateralen Abhängigkeiten vollständig zu erfassen. Denn letztlich ermöglicht nur die Orientierung am multilateralen Zusammenspiel der zum Teil sehr unterschiedlichen Schutzbedürfnisse eine wirkliche Objektivierung qualitativer Aspekte der IT-Sicherheit.

Technologischer Kern der Objektivierung von Sicherheitsprinzipien und -maßnahmen ist eine werkzeugunterstützte formale Modellierung. Zum Einsatz kommt hier unter anderem das im Auftrag des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entwickelte Verification Support Environment (VSE). Dieses Tool hat seine Leistungsfähigkeit und Praxistauglichkeit in mehreren kommerziellen Anwendungen aus dem Bereich des IT-Sicherheit unter Beweis gestellt. Auf der Basis exakter Beschreibungen erlaubt VSE den Nachweis von Zuverlässigkeit mit mathematischer Präzision.

Mit Hilfe formaler Methoden gesicherte Ergebnisse erreichen damit ein Niveau an faktischer Zuverlässigkeit, das keine Schwachstellen unentdeckt lässt. Die durch formale Methoden erreichbare Zuverlässigkeit führt zu kalkulierbaren und insbesondere nachprüfbaren Sicherheitsgarantien durch Anbieter oder Betreiber von Produkten und Diensten des elektronischen Zahlungsverkehrs. FairPay entwickelt deshalb einen an international anerkannten Kriterienwerken (insbesondere ITSEC und Common Criteria) orientierten Katalog von Anforderungen, die einen unabhängigen Prüfer in die Lage versetzen, die erreichten Zuverlässigkeitsmerkmale zu bewerten. Anwender des FairPay-Vorgehensmodells können dadurch ein qualitativ hochwertiges Gütesiegel erwerben, das Dank seiner Konformität zu anerkannten Kriterienwerken auch internationale Wertschätzung finden dürfte.

Obwohl FairPay hauptsächlich auf die Verlässlichkeit im elektronischen Zahlungsverkehr zielt, sind die methodischen Konzepte des Security Engineering selbstverständlich auf andere sicherheitskritische Bereiche des elektronischen Geschäftsverkehrs in offenen Netzwerken anwendbar. Dies zeigt sich bereits in den Anwendungen, die innerhalb von FairPay untersucht bzw. entwickelt werden. So werden neben reinen Zahlungsverkehrslösungen - wie dem von der Paybox.net AG in Zusammenarbeit mit der Deutsche Bank AG angebotenen Service für mobile Bezahlvorgänge - weitere Produkte und Dienste mit hohem Schutzbedarf betrachtet. Insbesondere sind die Bestandteile der Registration Authority der Bayerische HypoVereinsbank AG Untersuchungsgegenstand von FairPay. Weiterhin wurde von der emagine GmbH auf der Basis der FairPay-Methodologie ein Prototyp für das im Internet nutzbare Online-Ausschreibungssystem eCompete entwickelt.

Kontakt
auch Transferzentrum SiSo und Prüfstelle für IT-Sicherheit
Dr. Oliver Keller
Email: Oliver.Keller@dfki.de
Tel. 0681 302-5327
Fax. 0681 302-2235